Sonntag, 20. Juni 2010

Murder, Mystery & Oscar ...

Eines Tages, beim Stöbern in der englischen Buchhandlung, hatte ich eine dieser glücklichen Zufallsbegegnungen, die einem hin und wieder passieren. Man hat keinen konkreten Titel, kein festes Genre im Visier, sondern schlendert ziellos an den Regalen mit den vielen Buchrücken vorbei, durch die Tischreihen mit den hübsch gestapelten Neuerscheinungen, und man hofft, dass einen etwas davon anspringt, dass man SIE findet - die perfekte Lektüre, von der man bis dahin noch gar nicht wusste, dass sie genau in diesem Moment, in dieser Stimmung, in dieser Situation wie für einen gemacht ist.

An diesem besagten Tag und in der besagten Buchhandlung fiel mir in der Krimi-Abteilung ein Buch namens Oscar Wilde and the Candlelight Murders in die Hände - vor allem deshalb, weil das Cover mit seiner knalligen Farbkomposition aus Gelb, Grün, Orange und Pink ein ziemlicher Exot unter seinen artverwandten Nachbarn war, ein 'Hingucker' eben.

Ein Krimi mit Oscar Wilde, dem berühmt-berüchtigten Poeten und Dandy, in der Rolle des Detektivs, der im London des Fin de Siècle einen Mordfall löst, dazu Sherlock Holmes-Erfinder Arthur Conan Doyle als sein Sidekick - klingt so absurd, dass es glatt schon wieder gut sein könnte, also nahm ich das Buch mit.


Was soll ich sagen? Ich hatte mich nicht getäuscht, das Buch war wirklich verdammt gut! Nicht unbedingt der Teil mit dem Lösen von Mordfällen (nicht schlecht, aber auch kein Meisterwerk von einem Plot), sondern die Charaktere: Gyles Brandreth beherrscht es exzellent, die Verhaltensweisen und die Sprache Wildes so nachzubilden, dass man glaubt, Oscar persönlich hätte die Feder geführt - derselbe Witz, dieselben geistreichen Bemerkungen und fein-ironischen Bonmots. Im wahrsten Sinne ein Mords-Vergnügen für jeden, der auf Oscar Wilde und das viktorianische London steht.

Die Oscar Wilde Murder Mystery-Reihe umfasst mittlerweile drei Bände; der vierte, Oscar Wilde and the Nest of Vipers, erscheint diesen Herbst. Leser, die des Englischen nicht mächtig genug sind, haben allerdings Pech gehabt, es gibt bis dato keine deutsche Übersetzung.

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